Aus aktuellem Anlass: Abwerbung im Network Marketing

In den meisten Networks gibt es eine klare Trennung: Von Abwerbung ist immer dann die Rede, wenn Mitarbeiter aus dem eigenen Unternehmen zu einer anderen Firma abwandern. Steigen jedoch Partner eines anderen Unternehmens bei der eigenen Firma ein, dann handelt es sich darum, „den Menschen eine neue Heimat zu geben“. 

Wie sich dieser doppeldeutige Standard auf unsere Branche und auf unser Geschäft auswirken, haben wir schon zur Genüge erlebt: Abmahnungen, Gerichtsprozesse, böses Blut und herbe Enttäuschungen sind die Folgen, die sich auf uns alle auswirken.

 

Natürlich können wir die Diskussion über Moral, hohe Wertmaßstäbe und über die bösen Anderen noch bis zum Sankt Nimmerleinstag fortführen. Wie wäre es also, wenn wir stattdessen einfach verbindliche Verhaltensregeln festlegen würden? Jedoch nicht für andere Menschen, deren Verhalten wir sowieso nicht beeinflussen können. Sondern für uns selbst. Denn die Bewertung, was richtig oder falsch ist, hängt nicht so sehr davon ab, was wir beim Verhalten Anderer für richtig oder falsch halten. Sondern davon, was für ein Mensch wir selbst sind bzw. sein wollen.

 

Solange jedoch nicht alle Köpfe unserer Branche die Weitsicht haben, dass gezielt abgeworbene Vertriebspartner nur selten die erwarteten hohen Pro-Kopf-Gewinne einbringen, aber in den meisten Fällen hohe Pro-Kopf-Schäden erzeugen (indem sie durch ihre nächste Abwanderung für Unsicherheit, Unruhe und Abwerbung in den eigenen Reihen sorgen), wird sich in unserer Branche nicht viel ändern.

 

Übrigens gibt es auch einen nachvollziehbaren Grund, warum die Abwerbe-Methode im Network nur selten erfolgreich ist: Sollte der Versuch gelingen, eine größere Führungskraft abzuwerben, ist es selten der Fall, dass ein komplettes Team mitwechselt. Denn von rechtlichen Gründen abgesehen, haben sich meisten Mitarbeiter für das alte Unternehmen entschieden. Und nicht dafür, zu einer neuen Firma zu wechseln. Und selbst wenn wir es schaffen, diese Führungskraft UND einige Mitarbeiter abzuwerben, ist uns hierdurch meist nur eines gelungen: Menschen zu gewinnen, die nur wenig Loyalität an den Tag legen. Menschen, für die unsere Firma mit großer Wahrscheinlichkeit auch nur einen weiteren Durchgangsbahnhof darstellt.

 

Wollen Sie aber lieber ein dauerhaftes, schlagkräftiges und aufeinander eingespieltes Team aufbauen? Das mit Ihnen durch dick und dünn geht und auch in Zeiten stürmischer See aufrecht bleibt? Dann wollen sie ihr Glück vielleicht lieber bei den Millionen von Menschen versuchen, die noch nicht in unserer Branche tätig sind. Statt welkem Herbstlaub nachzulaufen, das vor Ihnen schon Andere an den Baum zurückkleben wollten.

 

Robert Pauly