Abwärtsspirale aus Selbstmitleid, Alkohol und Co

"Kennen Sie den?" Ruft der Verkäufer einen Kunden an und sagt: "Guten Tag, Herr Kunde, störe ich oder haben Sie gerade ein paar Minuten Zeit?" 21, 22, 23 … Sie warten auf die Pointe? Da können Sie lange warten.

Das IST die Pointe. Finden Sie nicht lustig? Zugegeben – ich auch nicht. Wenn Sie sich so an die Kundenakquise machen, können Sie es auch direkt bleiben lassen. Eigentlich können Sie es sich dann sogar schenken, morgens aufzustehen. Was wollen Sie denn beim Kunden reißen, wenn Sie so hilflos und unterwürfig daherkommen? Mit so einem Start kicken Sie sich selbst aus dem Rennen um einen Termin.

Akquise ist ein hartes Pflaster, schon klar. So manch' einer würde lieber eine halbe Stunde kalt duschen, als zum Hörer zu greifen. Doch irgendwann bist du so blau gefroren, dass du aus der Dusche raus musst. Und dann? Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! In Sachen Akquisevermeidung gibt es echte Weltmeister. Unglaublich, was sich viele Möchtegern-Verkäufer an Ausreden ausdenken, bloß, um nicht zu telefonieren.

"Ich habe noch so viel auf dem Tisch, das muss ich erst mal abarbeiten…", "Der Kunde wartet auf seinen Vertrag, den muss ich zuerst fertig machen…" oder "Ich habe angerufen, es ist niemand daran gegangen. Ich versuche es später nochmal." Könnte eine der Aussagen von Ihnen stammen? Ich hoffe nicht! Der ein oder andere hat sogar ein echtes Talent dafür, zu den Zeiten anzurufen, an denen der potenzielle Kunde garantiert nicht am Platz ist. Damit der Teamleiter nichts zu meckern hat. Schließlich kann ja keiner was dafür, wenn einfach niemand ans Telefon geht. Ganz schön harter Tobak.

Lassen Sie uns nochmal kurz zum Anfang zurückkehren. Glauben Sie ernsthaft, ein Satz wie "Passt es Ihnen gerade?" oder "Störe ich?" ist ein gelungener Gesprächseinstieg? Fakt ist: Der Kunde, der Ihren Anruf entgegennimmt, hat Zeit. Würde er sonst rangehen? Sie sehen schon – blöde Frage.

 

Und wieso reden Sie sich das überhaupt ein? Wenn Sie sich einbilden, den Kunden mit Ihrem Angebot zu belästigen, dann wird das auch nichts. Das wird gemeinhin als "self fulfilling prophecy" bezeichnet. Wenn Sie denken, dass es schiefgeht, wird es auch schiefgehen. Die gute Nachricht: Sie können dieses Phänomen auch ins Positive umkehren. Programmieren Sie sich auf Erfolg! Sagen Sie sich einfach, dass Sie genau die Informationen haben, die Ihr Kunde braucht und dass Sie ihm damit einen echten Mehrwert verschaffen.

Ihr Angebot ist es wert, dass der Kunde Ihnen zuhört. Wenn Sie sich entsprechend verhalten und selbstbewusst auftreten, sieht die Welt schon ganz anders aus. Glauben Sie nicht? Probieren Sie es aus und Sie werden staunen, wie einfach Akquiseanrufe sein können!

Sie bekommen trotzdem ein "Nein" zu hören? Macht nichts. Davon geht die Welt nicht unter. Entscheidend ist dabei nur, dass Sie Ablehnung nie auf sich selbst beziehen. Der Kunde hat gerade keinen Bedarf, das Produkt ist nicht das richtige für ihn… Völlig egal, wie Sie es begründen – hauptsache, Sie geben sich niemals die Schuld! Denn das hält keiner ewig aus. Sie stecken dann schneller als Sie gucken können in einer Abwärtsspirale aus Selbstmitleid, Alkohol und Co.

Sehen Sie ein klares "Nein" stattdessen sogar positiv: Immerhin erspart Ihnen Ihr Gesprächspartner damit viel Arbeit. Sie müssen nicht mehr fünf Mal nachhaken, sondern können stattdessen einfach die nächste Nummer wählen. Außerdem: Ich bin mir sicher, dass Sie schon eine Menge neue Kontakte am Telefon gemacht haben, oder? Rufen Sie sich diese Gespräche in Erinnerung. Was einmal geklappt hat, wird auch nochmal funktionieren. Bleiben Sie also dran, statt das Telefon im See zu versenken!

Martin Limbeck
www.managementtraining.de