Verbissen in unwichtige Details

Haben Sie schon einmal den Terrier beobachtet, der sich ins Stöckchen seines Herrchens verbissen hat? bis er sogar in der Luft zappelt? Oder haben Sie nicht schon einmal über einen Besitzer geschmunzelt, der bei diesem Spiel mit seinem unnachgiebigen Vierbeiner als zweiter Sieger hervorgeht?

Ich spreche hier von der Faszination des totalen Fokus, dem Tunnelblick, oft erwünscht, jedoch schwer zu erreichen. Natürlich ist diese extreme Identifikation zwischen Mensch und Aufgabe oft zu viel verlangt. Manche nennen diesen Zustand Flow. Das Problem: Was, wenn Sie sich in etwas verbissen haben? Zum Beispiel eine Detailbesessenheit, die für das Endergebnis gar nicht mehr wichtig oder sogar hinderlich ist.

 

Warum lässt der Hund nicht mehr locker? Die Antwort: Weil er sich mental festgekrallt haben und ein Sklave seiner Engstirnigkeit geworden ist. Wir Menschen machen das je nach Bewusstseinszustand genauso. Vielleicht mit Ausnahme einiger Shaolin-Mönche und anderer Weiser. Das glauben Sie nicht?

 

Betrachten wir uns selbst und unsere Mitmenschen, beobachten wir, wie schnell wir uns geistig verrennen. Zu leicht machen wir uns zu Sklaven unseres Perfektionismus, unseres Idealismus, unserer Gier nach guten Gefühlen. Oder wir wollen „Recht haben“ und behalten. Wir differenzieren mangelhaft mit richtig, falsch, gut und böse. Wobei unsere Sicht der Dinge natürlich die "richtige", weil unsere ist.

 

Anstatt frei zu sein werden wir zu mentalen Extremisten. Das gilt vor allem bei handfesten Partnerschaftsstreits. Warum ist das so? Zum einen ist das Loslassen sehr schwierig, und es ist eine immer wiederkehrende Herausforderung. Zum andern ist die Sicht auf den eigenen Extremismus durch unsere blinden Flecken getrübt.

 

Das gilt für alle Gefühle, negative wie positive. Angenommen, Sie werden belogen. Wie reagieren Sie? Verletzt? Sehen Sie Ihr Gegenüber jetzt als Lügner? Wie ist es aber, wenn Sie selbst lügen? Urteilen Sie dann auch so pauschal, oder haben Sie dann eine Berechtigungs-Ausnahmeerklärung parat? Ausreichende Distanz im persönlichen Erleben scheint schwierig. Je nachdem, wie sehr wir uns betroffen fühlen, messen wir mit zweierlei Maß.

 

Erst, wenn Sie den eigenen Extremismus erkennen, können Sie ihn auflösen. Sie entscheiden sich bewusst für die goldene Mitte. Dieser Moment heißt "Präsenz". Man ist präsent, wenn mir weder die Vergangenheit noch die Gegenwart den Blick auf das versperren, was jetzt da ist. Wenn Sie eingeholt werden sollten Sie statt einem "gut" oder "schlecht", "richtig" oder "falsch" ein "interessant" an die Stelle treten lassen.

 

Lassen Sie Ihren geistigen Extremismus los! So werden Sie und andere die Besten, die sie sein können.

 

Boris Grundl

www.fuehren-und-wirken.de