Verrat von Geschäftsgeheimnissen an Vertriebspartner

Die Bedeutung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen spielt in sämtlichen Wirtschaftszweigen eine wesentliche Rolle. Hierunter fallen alle im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehenden nicht offenkundigen, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannten Tatsachen, an deren Geheimhaltung der Unternehmensinhaber ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat.

Solche Tatsachen können neben technischem Know-how (z.B. Konstruktionspläne oder Herstellungsverfahren) auch etwa Preiskalkulationen oder Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Lieferanten sein.

Insbesondere in vertrieblich orientierten Unternehmen bilden regelmäßig vor allem die Kundendaten das Herzstück und werden vor Zugriffen besonders geschützt. Obwohl der Großteil der Unternehmen mittlerweile hohe Kosten in die Sicherheit sensibler Daten investiert, tauchen regelmäßig solche Daten bei Konkurrenzunternehmen auf.

Dazu Andre Schenk von der Hamburger Kanzlei Schulenberg & Schenk: "Wird ein solcher Verrat entdeckt, stehen dem geschädigten Unternehmen in diesem Zusammenhang eine Reihe zivilrechtlicher Ansprüchen zu. Neben Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüchen kann das geschädigte Unternehmen aber auch Auskunftsansprüche geltend machen".

Wie weit solche Auskunftsansprüche gehen können, zeigt eine neuere Entscheidung des OLG Stuttgart (Urt. v. 08.10.2015 – Az: 2 U 25/15). Das Gericht bejahte in diesem Fall insbesondere einen eigenständigen Auskunftsanspruch des geschädigten Unternehmens gegenüber einem Schädiger.

Der Beklagte hatte zuvor eine wettbewerbswidrige Handlung gem. § 17 UWG begangen, indem er vertrauliche Daten der Klägerin für einen Wettbewerber verwertet und sie dessen Vertriebsmitarbeitern zugänglich gemacht hat, um dadurch den Kundenkreis der Klägerin unlauter abzuschöpfen. Durch Abgabe einer entsprechenden Abschlusserklärung verpflichtete sich der Beklagte daraufhin u.a. dazu, eine Verwendung und Verwertung dieser Daten zu unterlassen. Der Beklagte weigerte sich jedoch, auch Auskunft darüber zu erteilen, von wem bzw. wie er diese Informationen erlangt hatte. Er begründete seine Weigerung damit, dass ihm eine solche Auskunft unzumutbar sei, da er sich dadurch möglicherweise selbst einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen könne.

Das Gericht folgte in seiner Entscheidung im Rahmen einer Interessenabwägung jedoch der Argumentation des geschädigten Unternehmens. Dessen Interesse sei in diesem Fall höher zu bewerten als das Interesse des Beklagten, sich durch die Aussageverweigerung einer möglichen strafrechtlichen Verfolgung zu entziehen. Die begehrte Auskunft sei für das Unternehmen die entscheidende Möglichkeit zu erfahren, von wem der Beklagte die geheimen Geschäftsdaten erhalten habe bzw. wie er an die Daten gelangt sei, um dadurch ihr System der Geheimnissicherung wieder lückenlos zu gestalten und dadurch künftig derartige Vorgänge verhindern zu können.

Andre Schenk: "Wie die Entscheidung des Gerichts verdeutlicht, kann aus einer unlauteren Handlung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG grundsätzlich auch ein selbständiger Auskunftsanspruch des Geschädigten gegen den Schädiger erwachsen, aus dem insbesondere auch Auskunft darüber verlangt werden kann, durch wen und auf welche Weise der Schädiger an die Geschäftsgeheimnisse gelangt ist".

(OLG Stuttgart, Urt. v. 08.10.2015 – Az: 2 U 25/15)