Es gibt einen Faktor, der über Gewinner und Verlierer im Network Marketing entscheidet. Ein Faktor, der auch in vielen anderen Bereichen unseres Lebens zum Tragen kommt. Was macht den Gewinner zum Gewinner und den Verlierer zum Verlierer?
Fleiß, Ehrgeiz, Zufall, Glück? Ich möchte Sie dem wirksamen Erfolgsfaktor zunächst anhand von drei Erlebnissen aus meinem persönlichen Bekanntenkreis näher bringen, dann kommen Sie wahrscheinlich von alleine auf das Ergebnis.
Erlebnis Nr. 1:
Der stark übergewichtige Mann mit dem weißen Haarkranz muss sich mit seinem Taschentuch die Stirn abtupfen. Ein Zipfel seines weißen Hemdes hängt aus der Hose des khakifarbenen Anzugs, sein Jacket weist den einen oder anderen Rotweinfleck auf. Von einigen Menschen erntet er mitleidige, von manchen anderen eher abschätzige Blicke. Aber momentan ist ihm diese Tatsache ziemlich egal: In dem Zustand, in dem er sich gerade befindet, registriert er die Blicke gar nicht, denn ihn beschäftigt etwas ganz Anderes . . .
Erlebnis Nr. 2:
Der große und durchtrainierte Mittdreißiger, der in der überfüllten Bar auf einem Hocker am Tresen sitzt, ist sich seiner Wirkung bewusst. Schließlich hat er in seiner mehr als zehnjährigen Tätigkeit als Türsteher immer wieder die gleiche Erfahrung gemacht: Dass es nur selten vorkommt, dass sich jemand mit ihm, einem fast 2 Meter großen und über 120 kg schweren Kraftsportler, anlegt. Und falls doch, sorgen ein grimmiger Blick und ein paar direkte Worte dafür, dass ein entstehender Streit schneller beendet ist, als er angefangen hat. Auch dieses Mal, als ein . . .*
Erlebnis Nr. 3:
Die junge Dame, die sich den drei 16- bis 18-jährigen dunkelhaarigen jungen Männern gegenübersieht, befindet sich in einer offensichtlich ausweglosen Lage: Die Gegend, in der sie sich aufhält, gehört zu den übelsten Vierteln der Stadt und der Anführer der Dreiergruppe scheint sich vor seinen Freunden beweisen zu müssen: Nachdem die ersten spätpubertären Kommentare der Jugendlichen keine Wirkung zeigten, haben Tonfall und Vokabular jetzt eine Stufe von purer Aggression und Erregung erreicht. Einem Außenstehenden wäre die Gefahr der Situation sofort bewusst. Aber es gibt keine Außenstehenden – die junge Dame ist allein.
Zwei Minuten später:
Peter ist auch mit fast sechzig Jahren voll in seinem Element: Die Hochzeitsfeier eines Freundes ist für ihn eine willkommene Gelegenheit, das Tanzbein zu schwingen. Die sommerlichen Temperaturen mögen noch so schweißtreibend sein – diesen Spaß lässt er sich nicht entgehen. Und seine Laune wirkt auf viele Menschen ansteckend, die es ihm – auf der zuvor noch etwas trägen Veranstaltung – gleichtun. So, dass sich zu dieser Stunde keiner von ihnen mehr Gedanken über ein verknittertes Hemd oder über Getränkeflecken macht. Seine fröhliche Art ist sogar so ansteckend, dass er die Party eine Stunde später mit einer etwas drallen, aber durchaus ansehnlichen jungen Dame verlässt.
Etwas weniger erfreulich geht der Abend für Axel, den Kraftsportler, aus. Der knapp 1,70m große Bursche, den er auf sein Anrempeln hin mit einem lauten „Hey, geht´s noch?“ zur Rede stellen will, hat nicht mit dem üblichen erschrockenen Blick reagiert. Stattdessen war die Antwort auf Axels nächste Drohgebärde (Jacke ausziehen, um den mächtigen Brustkorb zu präsentieren) eine schnelle Gerade zur Gesichtsmitte, die Axel auf den Boden zwingt. Als er wieder auf den Beinen ist, bemüht er sich, die rote Flüssigkeit, die ihm aus der Nase schießt, mit fünf Servietten zu stoppen. Sein unscheinbarer Gegner schreitet einfach in ruhigen Bewegungen weiter.
Weniger brutal geht es bei Marie und ihren drei neuen Bekannten zu. Die Sozialarbeiterin, die langjährige Erfahrungen mit Deeskalationsstrategien gesammelt hat, wird nach einem etwas intensiveren, aber dann doch höflichen Gespräch und einer gemurmelten Entschuldigung noch zur Tür der Familie begleitet, die sie in diesem Teil der Stadt besuchen will.
Ein alternder dicker Mann als Partylöwe. Ein Modellathlet, der von einer halben Portion Prügel bezieht. Eine zierliche Dame, die sich in einer Situation durchsetzt, die so manchen Mann in eine Schockstarre versetzen würde – wie ist das möglich?
Die Antwort lautet: Selbstvertrauen.
Menschen, die Vertrauen in sich und ihre Fähigkeiten haben, sind überzeugt und überzeugen. Brauchen daher also nicht durch dubiose Motivationstechniken oder besondere Anreize über irgendwelche mentalen Hürden getragen zu werden. Weil diese Hürden nur bei Menschen vorhanden sind, denen es an Selbstvertrauen mangelt. Umgekehrt sind aber Motivationstechniken oder zusätzliche Anreize fast immer wirkungslos, solange diese mentalen Hürden noch vorhanden sind.
Wenn aber das Thema Selbstvertrauen doch so wirkungsvoll und wichtig ist – warum kümmern sich dann so wenige Menschen gezielt darum? Und warum wird dieser Erfolgsfaktor in den meisten Seminaren, in denen es um Erfolg, Motivation und Verkauf geht, nicht ernsthaft geschult?
Aus einem nachvollziehbaren Grund:
Weil sich diejenigen Menschen, die ein außergewöhnlich starkes Selbstvertrauen besitzen, meist gar nicht bewusst sind, dass es sich um etwas Außergewöhnliches handelt. Also gehen sie davon aus, dass einfach nur jeder nachzumachen braucht, was sie selbst getan haben. Hingegen erkennen aber Menschen, deren Selbstvertrauen eher gering ist, oft nicht, dass genau hierin ihr größtes Manko liegt. Und denken daher, dass sie zuerst irgendwelche außergewöhnlichen Tricks, Techniken oder Geheimnisse in Erfahrung bringen müssen, deren Abwesenheit sie derzeit noch von ihrem Erfolg abhält.
Robert Pauly